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Leben in England

Umzug Teil 3: Die neue Vermieter-Agentur

In einem serviceorientierten Land wie Großbritannien macht man nichts selbst. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es kaum ein privates Mietverhältnis gibt. Zwischen den Hauseigentümern und den Mietern gibt es eine Vermieter-Agentur. Dies macht für mich bis zu einem gewissen Grad auch Sinn: Vertragsaufsetzung, Ansprechperson bei Schaden im Mietobjekt usw. Auch in unserem neuen Haus werden wir wieder von einer Vermieter-Agentur betreut. Über unsere bisherigen Erfahrungen mit dieser möchte ich euch heute erzählen.

Bisher hatten wir eine sehr entspannte Agentur. Als Agentur möchte ich David eigentlich gar nicht bezeichnen. Er schmeißt den Laden ganz alleine und war immer sehr entspannt. In drei Jahren wurde unsere Miete kein einziges Mal erhöht und auch die Vertragsverlängerung jedes Jahr (Wir haben meist Verträge auf 12 Monate befristet) waren immer kostenlos. Wir wurden verwöhnt. Zwar kümmerten wir uns um Schäden im Haus meist selbst, denn David war immer zu busy um sich darum zu kümmern. Doch das störte uns nicht. Er ließ uns in Ruhe und wir ihn. Ein harmonisches Verhältnis.

Die neue Agentur verspricht leider nichts Gutes. Schon bei der Haussuche stellte sich die Mitarbeiter dieser Firma besonders blöd an, wie ich euch schon erzählt habe. Doch der Spaß hört hier noch nicht auf.

Die Bewerbung für das Haus lief über ein sogenanntes Letting Hub. Darin sind alle Informationen und Dokumente gespeichert, die gelesen, akzeptiert und unterschrieben werden müssen. Für Hubby und mich gibt es zwei getrennte Accounts, da wir uns zwar als Familie bewerben aber als zwei getrennte Mieter gehandelt werden. Dies stellte bei der Referenz-Einholung schon Probleme dar. Denn unser David hatte das Formular für Hubby ausgefüllt zurückgeschickt und nicht erwartet, dass er es für mich auch noch einmal ausfüllen müsste. Das kostete uns ein paar Tage.
Als die Bewerbung abgeschlossen war, konnte ich mich plötzlich nicht mehr einloggen und den Status meiner Bewerbung checken. Herzinfarkt-Alarm! Ein kurzer Anruf bestätigte aber, dass mit der Bewerbung alles in Ordnung ist.

Hubby war danach total verunsichert und schickte regelmäßig Emails und rief auch immer wieder mal an. Ganz nervös wurde er, als ich den Mietvertrag für unser aktuelles Haus kündigte. “Was machen wir, wenn da noch was ist?” – “Was soll sein? Du hast jetzt jeden Tag mit denen telefoniert und sie haben dir mehrmals gesagt, dass wir das Haus haben.” – “Aber wir haben noch keinen Mietvertrag!”

Das nächste Thema: Der Mietvertrag. Hubby wollte sich ein wenig entspannen und hat eine Woche lang nicht bei der Agentur angerufen. Was bringt es? Jedes Mal erzählen sie ihm eine andere Geschichte. Beim letzten Telefonat hieß es, dass wir den Mietvertrag erst wenige Tage vor dem Einzug bekämen. Dass wir um 11 Uhr morgens die Schlüssel wollten, wäre schwierig, weil sie die für gewöhnlich erst am Nachmittag ausgeben, aber sie gäben ihr Bestes! Das war die Standardansage: Sie tun ihr bestes!

Am Dienstag wurde es mir dann zu bunt. Ich rief an und fragte, wo denn jetzt der Mietvertrag bliebe. Da meine die liebe Dame mit honigsüßer Stimme: “Sie bekommen am Einzugstag eine Email mit der Einladung ins DokuSign und da müssen Sie alles unterschreiben. Erst wenn das durch ist, können wir Ihnen die Schlüssel geben.” Ich lachte nur. “Ist das okay?”, fragte sie nach. Na aber sicher ist das in Ordnung.

Ich rief Hubby an. “Ich hab …. Neuigkeiten”, begann ich das Gespräch und erzählte ihm, was mir die honigsüße Stimme gerade sagte. “Was? Nein, das gibt’s ja nicht. Ich ruf gleich an!” Hui, na in dem Büro möchte ich jetzt nicht sitzen, schoss es mir durch den Kopf.

Zwanzig Minuten später rief er mich zurück. “So, also, das mit dem Letting Hub in der Früh erst alles unterschreiben und zahlen ist so bei denen. Aber sie sehen die Zahlungen gleich, daher können sie, sobald alle Hakerl grün sind, auch die Schlüssel hergeben.” Genau das, was ich ihm schon vorher erzählt hatte, aber egal. “Sie hat mir versprochen, Sie ruft jetzt gleich in der Zentrale an und schaut, dass wir die ersten sind, die am Freitag in der Früh bearbeitet werden. Aber sie kann nichts versprechen.” Bla bla! “Und wenn die Hakerl alle grün sind, gibt sie uns die Schlüssel. Das kann auch schon im elf Uhr sein, hängt von uns ab, nicht von ihnen.” GENAU DAS HABE ICH IHM DOCH SCHON ERZÄHLT!

Ich war die Ruhe weg. “Wie kannst du nur so entspannt bleiben? Wir haben keinen Mietvertrag!” Aber ich bin im Zen. “Wenn ich vor drei Jahren schwanger von Österreich nach England gezogen bin ohne Mietvertrag, dann kann ich jetzt 90 Meilen in den Nordwesten ziehen.” sage ich immer und ich meine es auch so.

Ich habe mich an diese Prozessbefriedigung in England gewöhnt. Ich habe mich damit abgefunden, dass du kein Individuum bist sondern eine Nummer. Und diese Nummer wird bearbeitet. Dafür kann ich mich aber auch darauf verlassen, dass die Nummer bearbeitet wird. Auch schon etwas.

Ach ja, wir müssen natürlich etwas bezahlen: Die Kaution (klar), die erste Miete (kenn ich schon) und eine “Checkout Fee” – äh wie bitte? Ich berappe 65 Pfund für einen Checkout damit ich in mein Haus einziehen darf? Der Betrag geht an die Agentur. Wieso? Weiß keiner! Denn Arbeit haben sie ja keine mit uns. Ich muss mir die Schlüssel ja selbst aus dem Büro holen. Ist ja nicht so, dass ich von einem Mitarbeiter dort empfangen werde und wir noch einmal durch das Haus gehen. Ach ja, Zählerstände? Das machen die schon. Ja klar. Das erste, was ich mache, sobald ich die Tür aufgesperrt habe, ist die Zählerstände fotografieren! Ich lasse mich hier sicher nicht über den Tisch ziehen!

Ich verstehe, dass Hubby seine österreichische Mentalität (“Ich will das schriftlich!”) nicht ganz abstellen kann. Aber zum Expatleben gehört die Fähigkeit sich anzupassen. Das mache ich gerne – bis zu einem gewissen Grad – mit.

Wie der Umzugstag nun so läuft, erzähle ich euch ein anderes Mal.

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